Wie du loslassen und das Leben mit all seinen Facetten genießen kannst
In den letzten Monaten ist mir aufgefallen, wie oft wir Menschen eigentlich damit beschäftigt sind uns selbst und unser Leben zu optimieren. Meist mit dem Ziel dauerhaft sagen zu können: „Ich bin einfach nur glücklich und unangenehme Emotionen haben keinen Platz mehr in meinem Leben.“ Dass das Leben so nicht funktioniert, versteht sich von selbst, aber darauf kommen wir nachher noch zu sprechen.
Geht es dir vielleicht auch so, dass du versuchst bewusst oder unbewusst Emotionen und sogar Menschen in deinem Umfeld und ihre Handlungen zu kontrollieren, damit du schön in deiner Happy Bubble bleiben kannst? Deinem selbst geschaffenen Schutzraum, in dem du dich vor negativen Emotionen abschirmst, die du nicht fühlen bzw. wahrnehmen möchtest? Wir machen all diese Dinge, weil wir schon bevor eine Situation entsteht vermeiden wollen, dass wir in einer unangenehmen Situation landen. Doch genau an dieser Stelle liegt auch der große Irrtum verborgen. Wir können nicht umgehen, dass wir bestimmte Gefühle erleben. Und es ist nicht möglich, alles und jeden um uns herum zu kontrollieren – diese Vorstellung alleine fühlt sich schon etwas gruselig an.
Das Tückische ist, dass wir uns daran gewöhnt haben, weil es uns auch so häufig gesagt wird, wir könnten alles in unserem Leben kontrollieren. Allem voran: unsere Emotionen lenken. Wir fühlen uns vermeintlich in Sicherheit, aber es reißt uns genau dann komplett von den Füßen, wenn wir von einer Situation außerhalb unserer Happy Bubble überrascht werden, die wir selbst nicht steuern können/konnten.
Das klingt doch alles eigentlich ziemlich anstrengend oder?
Oft schießt mir der Gedanke durch den Kopf, dass wir komplett verlernt haben, das Leben auch einfach mal Leben sein zu lassen und es so zu nehmen, wie es kommt – mit allen Gefühlen, die dazu gehören. Haben wir verlernt, uns als Menschen einfach so zu akzeptieren wie wir sind, weil uns permanent suggeriert wird, unser Leben könnte noch toller, erfüllter, reicher und positiver sein? Machen nicht alleine diese Gedanken darüber das Leben schon viel anstrengender?
Geh' deinen Gefühlen mutig entgegen
Der Schlüssel darin, das Leben zu genießen, liegt meiner Meinung nach im Loslassen. Das bedeutet vor allem auch anzuerkennen, dass wir diese vermeintliche Kontrolle über alles und jeden in unserem Leben gehen lassen dürfen, um uns von falschen Sicherheiten und einfach einem falschen Bild von unserem Leben zu befreien.
Natürlich kann das heißen, dass das unangenehme Emotionen in dir auslöst, du begibst dich ja schließlich auf unbekanntes Terrain und du kannst dir vielleicht noch nicht vorstellen, wie eine Situation ausgeht bzw. welche Gefühle dir auf diesem Weg begegnen mögen. Vielleicht erlebst du sogar Gefühle, die du bisher noch nie erlebt hast. Aber soll ich dir etwas sagen? Kein Gefühl dieser Welt kann dir etwas antun. Sie können unangenehm sein, ja, aber was haben alle Gefühle gemeinsam? Sie sind Momentaufnahmen unserer Gedanken, die wir mal bewusster und mal unbewusster wahrnehmen, auch wenn wir sie mal mit Genuss erleben, oder aber lieber ausklammern würden. Dabei sind sie sowieso in ihrer gesamten Fülle vergänglich.
Schaffen wir es nicht, die Tatsache zu akzeptieren, dass zu uns als Mensch eben ein gesamtes Spektrum an Emotionen gehört, kann es sein, dass wir uns geradewegs in emotionale Krisen hineinmanövrieren, vor allem wenn wir nicht das bekommen, was wir vermeintlich wollen. Manchmal geschieht dies sogar, ohne dass wir es zunächst bewusst wahrnehmen können. Da kann es schon auch mal passieren, dass uns unsere aktuelle Situation erst klar wird, wenn wir schon ganz tief in solch einer Krise feststecken und sich alles einfach nur noch gefährlich anfühlt. Ein kurzer Spoiler an dieser Stelle: Auch wenn wir schon glauben, tief drin zu stecken, haben wir die Möglichkeit uns davon wieder zu befreien!
Versperrt uns Kontrolle den Blick für den Zauber des Lebens?
Ich hab‘ dir an dieser Stelle ein Beispiel von einer nahen Person in meinem Leben mitgebracht. Sie erzählt dir heute von einer Situation in ihrem Leben, in der sie krampfhaft an einer Vorstellung festgehalten hat, von der sie dachte sie möchte etwas ganz Bestimmtes in ihrem Leben und dazu noch auf eine ganz bestimmte Weise erleben. Hat ihr dieses Festhalten und der Versuch diese Situation zu kontrollieren gedient, oder hat es sie eingeschränkt? Lies am besten selbst:
„Ich möchte dir heute etwas aus meinem eigenen Leben erzählen. Ich halte mich für eine unabhängige, starke und kluge Frau, die ihr Lebensglück eigentlich nicht von einem anderen Menschen abhängig macht. So viel zu meinem Selbstbild. Dennoch habe ich mir immer gewünscht zu heiraten und vor allem: einen schönen Heiratsantrag zu bekommen. Ich bin mittlerweile seit fünf Jahren liiert und erwarte mit meinem Partner unser erstes Kind. Bevor ich schwanger wurde, war ich irgendwann wahnsinnig frustriert und traurig.
Ich hatte meinem Partner öfters gesagt, dass ich eigentlich – so feministisch meine Einstellung sonst auch ist – den klassischen Weg gehen möchte, zu dem für mich auf jeden Fall ein Heiratsantrag von ihm und eine Hochzeit gehört. Doch was ist in zwei Jahren, in denen wir immer wieder auf dieses Thema gekommen sind passiert? Nichts. Ich konnte das nicht verstehen und irgendwann hat mich das Thema einfach nur noch wahnsinnig verletzt. Höhepunkt dieses Frustes war ein gemeinsamer Urlaub im letzten Jahr. Ich wusste genau, dass es eigentlich eine schöne Gelegenheit für einen Antrag wäre – schließlich waren wir an meinem Lieblingsort in Holland, gleichzeitig wusste ich auch, dass mein Partner vieles im Kopf hatte – surfen, kiten und so Späße – aber gar nicht an die Möglichkeit denkt, dass das eine schöne Gelegenheit wäre. Ich ging also nicht mit der Erwartung in den Urlaub, dass etwas passieren würde, weil ich ihn gut genug kenne – weh tat es trotzdem.
Das Schlimmste? Als wir wieder zurückkamen erfuhren wir einen Tag später, dass sich Freunde von uns in der Woche davor verlobt hatten und dann ging bei mir gar nichts mehr. Die Tränen flossen unter der Dusche nur noch von meinem Gesicht, ich wollte sie vor ihm verstecken, weil ich dachte es ist auch nicht fair einen Menschen aus ihm machen zu wollen, der er nicht ist und mir wurde auch klar, dass ich mich selbst durch meine Versuche ihn irgendwie dazu zu bringen, meine Vorstellungen zu erfüllen in eine ordentliche Sackgasse manövriert hatte.
Ich wusste, würde er in zwei Wochen oder in ganz naher Zukunft einen Antrag machen, hätte ich das Gefühl, er würde es nur tun, damit ich meinen Willen bekomme und der ganze Zauber wäre weg. Was hab ich dann getan? Ich beschloss das Thema loszulassen. Mir war klar: Ich komme ab diesem Punkt sowieso nicht weiter und je mehr ich versuchen würde die Situation zu kontrollieren, desto unangenehmer würde dieses ganze Thema werden und das wollte ich erst recht nicht.
Mir fiel auf, dass es schon lange nicht mehr um das ging, was ich immer mit einer Hochzeit verbunden hatte, nämlich zwei Menschen, die sich dazu entscheiden einen Teil ihres Lebens gemeinsam zu verbringen. Das große Ganze war bei uns beiden allerdings immer schon klar – wir wollten Familie und es stand auch seit längerer Zeit fest, dass wir auch irgendwann heiraten werden. Und war nicht das eigentlich das, was zählt? Wollte ich nicht immer genau das?
Ich fand den Mut, alle Dinge und vor allem das Thema Antrag über Bord zu werfen. Und was ist dann passiert? Kurze Zeit später wurde ich schwanger. Er fragte mich öfter, ob wir nicht noch heiraten sollten, aus Prinzip sagte ich aber immer noch nein, ich will wenn einen gescheiten Antrag bevor es soweit ist…
Noch ein paar wenige Monate später saß ich morgens bei einer Meditation zum Thema Loslassen und Vergebung. Ich weiß nicht wie es passiert ist, aber nach dieser Mediation wusste ich genau was zu tun ist: Auch den letzten Widerstand und den letzten Strohhalm loslassen und einfach zu ihm zu gehen und zu sagen: Ja, lass uns einfach heiraten. Denn das war ja eigentlich das, was ich die ganze Zeit schon wollte.
Das habe ich ein paar Tage später auch getan und es fühlte sich an, als hätte man mir die Last von einer gesamten Bergkette vom Herzen genommen. Ich fühlte mich endlich frei und kann mich seitdem wieder mit Freude und vor allem Liebe mit diesem Thema beschäftigen.
Ja, ich hatte es mir früher immer anders vorgestellt und dachte immer, ich kann diese Situation kontrollieren, aber Pustekuchen. Und so ist es auch wunderschön und vor allem ist eins passiert: Die Entscheidung loszulassen, hat mir den Zauber unseres gemeinsamen Lebens zurückgegeben, den ich mit Blick auf die Zukunft so so lange vermisst, beziehungsweise aus lauter Kontrollwahn gar nicht mehr gesehen hatte, obwohl er direkt vor mir lag. Ich kann nur jedem wünschen, sich zu trauen, manche Dinge auch einfach einmal loszulassen – es könnte ja gut werden.“
Die Schönheit des Lebens liegt in dessen Reichtum
Nicht immer haben persönliche Krisen, wie die von meiner Freundin direkt etwas mit anderen Menschen zu tun, wie es hier der Fall war. Klar wird aber auch, dass sie sich in vielen Dingen selbst im Weg stand, weil sie eben auch versucht hat, einer Enttäuschung aus dem Weg zu gehen, indem sie lange versucht hat die Kontrolle über eine Situation zu behalten, die sie selbst gar nicht kontrollieren konnte.
Wenn wir uns aber voller Vertrauen unserem Leben und auch den Menschen, denen wir begegnen, hingeben, können wundervolle Dinge geschehen. Die Zweifel und Grübeleien aus unserem Leben können damit weggefegt werden. Einfach, weil wir wieder erkennen, dass das Leben für uns spielt und jede Situation in unserem Leben für uns bestimmt ist. Egal, welche Emotion wir damit verbinden, denn auch diese können wir wieder gehen lassen. Sie ist ja sowieso vergänglich.
Es lohnt sich immer, mutig zu sein und loszulassen. Die Vorstellung loslassen, dass wir unsere Emotionen oder sogar die Gefühlswelt und Handlungen anderer Menschen bestimmen könnten. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns auch mit negativen Gefühlen konfrontiert sehen. Am Ende sind diese aber eben auch nur Besucher, die einen Stück unseres Lebensweges mit uns gemeinsam gehen und von alleine wieder gehen, wenn uns klar wird, dass wir diese Emotionen nicht sind, sondern sie auch wieder gehen – ganz von alleine.
Wenn wir anerkennen, dass auch diese unsicheren Gedanken uns auf Dauer nichts anhaben können, können wir es schaffen, auch in Krisen kreativ zu sein, mutig zu sein und frische, neue Lösungen für unser Leben finden. Schlussendlich: das Leben mit alle seinen Facetten zu genießen.
Ziel sollte es nicht sein, immer glücklich zu sein, sondern Frieden mit all unseren Gedanken und Gefühlen zu schließen. Damit in Frieden zu gehen und von Zeit zu Zeit loszulassen führt automatisch dazu, dass wir unser Leben wieder viel mehr genießen können. Unsere Lebensenergie kann leichter fließen und wir geben Ideen und Lösungen den Raum, ganz einfach in unser Leben zu treten.
Denk‘ immer daran: Im Sturm selbst gibt es nichts zu tun, außer mal einen Schritt zurückzutreten und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Wenn du nicht weißt, wie du dorthin den ersten Schritt gehen kannst, dann schreib‘ mir gerne. Wir können uns gerne zu einer virtuellen Kaffeepause verabreden und schauen, was alles möglich ist.
Herzlich,
deine Elisabeth